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MOZART SPIELEN

Reading Time: 3 minutes

Ein Beitrag zur Diskussion über “Musikalischen Sinn”

Zum Beispiel bei Mozarts Sonate F-Dur, KV 332, I.Satz.

Was ist aus der Musik »ablesbar«, was wirklich darüber sagbar, wenn ich mir die Frage stelle: Wie soll ich das spielen?
Wo soll ich betonen, wie entsteht ein »musikalischer Sinn« und Zusammenhang? Was soll das überhaupt sein? Kann ich über musikalischen Sinn mit Worten der gesprochenen Sprache reden, ohne dass im Übersetzungsvorgang eine Eigendynamik der gesprochene Sprache das Ruder übernimmt und den Sinn bestimmt? Das wäre nicht nur sinn-los, sondern auch allzu einfach.

Sehen wir uns die ersten paar Takte an. Acht Takte. Die Bögen in der linken Hand, der Unterstimme, wenn sie denn original sind, sind andes gruppiert als die Oberstimme. Ein Blick auf das Manuskript: Ja, die Bögen sind original. Und originell. Nicht nur das, im 5.Takt ist von Mozart viel Tinte am Höhepunkt (f”) verwendet worden: Ich sehe, wie Mozart den Ton betont schreibt, den man betont spielen soll. Also zeigt Mozarts Notation und Handschrift, was nun wichtiger zu nehmen ist als anderes, und daraus ist Sinn ablesbar. Auch im Schwung der Schrift des “Anstiegs” f’-a’-c”-a’-b’-g”-f”, wie Heinrich Schenker sagen würde, ist Bedeutung (als Betonung) ablesbar. Aber es ist kein geradliniges, weiches Hinauf-Laufen zu dem f” wie es fast immer zu hören ist, sondern eher in kleinen Serpentinen gewunden[efn_note]Eine ausführlichere Analyse zu einem späteren Zeitpunkt sei versprochen![/efn_note]. Warum scheinen mir die »Zielpunkte« von diesen melodischen Phrasen auf jeweils den 2.Takt zuzusteuern? Sind es auftaktig gedachte Taktgruppen? Sind es „synkopisch“ verschobene Ziele? Die Bögen wollen Artikulation, wollen eine »Klangrede«, von der schon Nikolaus Harnoncourt sprach. Ja. Eine Rede im Klang, auf alle Fälle. Aber: Wie? Entsteht gemeinhin beim Sprechen über Musik der angebliche Sinn doch nur in der Be-Sprechung der Musik, die aber für sich wortlos bleibt, und in dieser geoffenbarten Differenz zum Eigentlichen weiterhin kein Sinn der Musik sich zeigt? Wie aber könnte Musik über Musik “sprechen“?

Nochmals zum Notenbild, zur Notation des Stücks:
Was sagen mir die Artikulationsbögen? Ich sehe bei Mozart immer wieder Stellen in der Art von »Seufzern«, als Betonungen zu Auflösungen gehende Bewegungen”, Gesten, Gestalten. Immer wieder sind solche “angeseufzten« Töne, die »gemeint« sind, Ziele, zu denen man „hinspielen“ soll, dynamisch, intentional, aber nicht „hinlaufen“, also ohne Tempobeschleunigung, die Gesten ausführen, vervollständigen, keine zwei Töne oder verschiedene einzelne Töne spielen, sondern diese emotiven Gesten hervorbringen, widergeben.

Dann wieder Unterbrechungen, Atemholen, manchmal auch ein Langsamer-Werden, ein Rallentando, um wieder neu einsetzen zu können. Schließlich noch ein anderes, das unregelmäßige, fast keuchende oder schnapp-atmende Herausstossen von verschieden lang verbundenen Tongruppen, unregelmäßig wie im Sprechen. Oft in „zweiten Themen“ von Sonaten. Sie wirken kurzatmig und hastig. Ist es ein Kontrast zu dem mit dem Brustton der Überzeugung ausgestossenen „ersten Thema“? Ist es eine fixe Idee Mozarts? Will er damit etwas sagen?

Das ist aber nur die »Oberfläche« dessen, was direkt gestaltbar ist. Das also, was unmittelbar in den Noten „steht“: Bögen, Dynamik-Anweisungen. Darunter, in den rhythmischen Konstruktionen, Taktgruppen, Harmonischen Bewegungen, den formalen Abschnitten, die sich bilden, durchaus auch durchzogen von einer Dynamik, wie sie Heinrich Schenker in seiner Stimmführungstheorie beschreibt, zielgerichtet bis ans Ende des Stücks auf der Tonika, mit dem Tonika-Ton in der Oberstimme, der Melodie. Ja: Immer ist da eine Melodie bei Mozart. Bei C.P.E. Bach kaum, auch wenig bei J.S.Bach – Melodien ergeben sich dort wie aus den Harmonien kondensierend, aber nicht sie begleitend. Was für ein fundamentaler Unterschied!

Das „Melodische“ bei Mozart ist für mich nichts anderes als der „Mund“ des Menschen: Sprechend, mitteilend. Alle verbale Kommunikation erfolgt aus dem Sprechen des Mundes. Das ist die Melodie. Der Mund ist der Ort der Hörbarwerdung eines gedanklich artikulierten Textes und nicht der Ort der Artikulation. Es geht nicht um das Absetzen, Binden, Langsamer-Werden als solches, sondern: Diese Unterbrechungen und Bindungen bestimmen den musikalischen Sinn, der sich mit einem vorsprachlichen Sinn, der Intention dessen, was wir sagen wollen, deckt.

Saturday, November 14, 2020 at 4:03 PM

Heinrich Schenkers Theorie und eine historisch informierte Musiktheorie

Reading Time: 3 minutesEin Forschungsprojekt-Entwurf

Aus den theoretischen Schriften Heinrich Schenkers und jenen von Felix Salzer1, der beispielsweise in dem Buch “Strukturelles Hören” einen eigenen musiktheoretischen Bereich zwischen Hörschulung, Analyse, Tonsatz/Kontrapunkt und auch Kompositionslehre aufspannt, möchte ich diese zuletzt genannten Bereiche in Beziehung setzen zum didaktischen Ansatz einer, wie ich es nenne: historisch informierten Musiktheorie, wie sie etwa von Diether de la Motte Mitte der 1970er Jahre in “Harmonielehre” vorgeschlagen wurde.

Seither ist dieser didaktische Ansatz zu recht einem eher “systematisch” zu nennenden Unterrichtsstil gewichen. Die Differenzierung von musikalischer Satzlehre und Kontrapunkt in historisch rückführbare Periodenphänomene, und da auch wiederum bei individuellen Künstler-Persönlichkeiten, zeigt, dass “Musik” kein naturwissenschaftliches Phänomen ist und gleichbleibenden “Gesetzen” unterliegt.

Eine derartige Auffassung lag den zahlreichen Musiklehren bis ins 20.Jahrhundert zugrunde, die sich in einer positivistischen Weise an einem bruchlosen Geschichtskontinuum als stetigem Fortschritt orientierten und zugleich auch in verschiedener Weise versuchten, in die Musik universelle “Naturgesetze” einzuschreiben, dabei aber historische Entwicklungen übersehen oder negieren.

Der “relativistische Ansatz” hier, im Gegensatz zu dem eben geschilderten meist esotherischen Versuch, in Musik allgemein und universell gültige Gesetze hinein zu projizieren, ist auch auf einer ganz allgemeinen Ebene die Anerkennung der Relativität von “Kultur”. Im Zuge der Bewusstwerdung eines “Eurozentrismus”, wirkte sich die Infragestellung eines stets und geradezu linear sich weiterentwickelnden Fortschritts auf alle Gebiete aus, die Musiktheorie und Komposition eingeschlossen.

Diese weit ausholende Sichtweise auf die Vorgänge innerhalb der Musiktheorie ist nicht zu weit hergeholt, wenn man an die zahlreichen auch politisch motivierten Polemiken Schenkers2 denkt.

Was also ist es dann, das eine solchen musiktheoretischen Ansatz rechtfertigen würde?

Abgesehen von den Weiterentwicklungen der Schenkerschen Thesen bei Allan Forte u. a., interessiert auf einer “abstrakt” zu nennenden Ebene durchaus auch ein Ansatz, der die stets gleichgebliebenen Aspekte von Musik beleuchtet und theoretisiert: Zum einen ist es das Faktum, dass immer mit konkreten Tönen gearbeitet und musiziert wird, zum Einen, und dass es sich bei der Musik um eine “Zeitkunst” handelt. Diese Entfaltung in der Zeit, während einer Aufführung im Musizier-Akt, zum Anderen, ist ebenfalls für alle Musiken dieser Welt charakteristisch.

“Zeitgestaltung” ist freilich ein sehr allgemeiner Begriff für die Essenz dessen, was musikalische Komposition bedeutet. Und für eine solche künstlerische Tätigkeit gibt es auch keine “Abkürzungen” oder “Vereinfachungen”, ebensowenig gibt es dafür Rezepte.

Anders gesagt ist eine musiktheoretische Didaktik untrennbar mit einer ebenso konkreten Zielsetzung verknüpft, wie die historisch konkrete Verortung der vermittelten Regeln einer bestimmten kompositorischen Aufgabenstellung.

In der bei #Salzer definierten “Prolongation” von Klängen, die sich logischerweise als eine zeitliche Verlängerung der Musik auswirkt, wird, wie es auch anderswo interessanterweise der Fall ist, die Tatsache außer Acht gelassen, dass nicht nur die ältesten überlieferten Beispiele der abendländischen Kunstmusik eigentlich Vokalmusik sind. Es wäre zu beweisen3, dass gerade die Entwicklung des Taktes und Metrums Hand in Hand geht mit der parallelen Übertragung von Vers-Metren und -Rhythmen in ein instrumentales Denken. Damit sei das Konzept einer “Satzlehre” gemeint, die notierte Töne als selbständige Entitäten begreift. Dies wird erst möglich, als die Notation von Musik einen bestimmten Grad an Präzision und Vollständigkeit erreicht hatte, in der das komplexe, uhrwerkartige4, einer polyphonen Musik gefasst werden kann. Diese Voraussetzungen, um mehrstimmige Musik überhaupt denken zu können, müssen nachvollzogen werden, um erst zu einem Systemdenken gelangen zu können. Das heißt, um auf die Frage von musikalischer Zeit und dem Begriff der “Prolongation” zurück zu kommen, handelt es sich nicht, wie noch zur Zeit Salzers in der Mitte des 20. Jahrhundert gängig Praxis, um ein konsistentes System nur einer möglichen Musik – aus der allerdings die damals zeitgenössische Avantgarde geflissentlich herausgenommen, sprich: ignoriert, war – sondern um eine Grundsatzfrage, wie nicht-textgebundene Musik gestaltet werden kann, weil ihr ja der eine Dauer bestimmende Text abgeht. Musik in anderen Kulturen, die nicht textgebunden ist, kann über die Aneinanderreihung rhythmischer Modelle und deren Variationen entstehen, die ist aber nicht im abendländischen Sinn mehrstimmig.

Wir haben hier also in der Tat ein einzigartiges Phänomen vor uns, das einzelne Töne zu Entitäten abstrahiert, mit denen in abstrakter Weise, nämlich ohne den eigentlichen Klang zugleich erzeugen zu müssen, verfahren werden kann.

Auf dieser abstrakten Ebene, die in gewisser Weise von je geschichtlichen Gegebenheiten und Vorgängen abgelöst werden kann, lässt sich durchaus auch theoretisieren. Allerdings ist dieses der stets anwesenden Gefahr jeder derartig von Geschichte und auch häufig von der Praxis abgehobene Theoretisieren ausgesetzt, die leicht zu einer Eigendynamik mit darin eingeschlossenen hermetischen und selbstbezüglichen Postulaten aufwartet, die letztlich nur mehr für sich gesehen von Interesse sein kann, aber weder praktische noch philologische Bedeutung sinnhaft machen.

Jede Musiktheorie ist ein mentaler Balanceakt zwischen einem Zuviel an Systematisierung und einer notwendigen Rückbindung an eine musikalische Praxis in der Interpretation und oder Komposition.


  1. Salzer, Felix: Structural Hearing: Tonal Coherence in Music, (New York: Boni, 1952; reprint New York: Dover, 1962 und 1982) – deutsche Ausgabe Heinrichshofen’s Verlag, Wilhelmshaven, 1977 in 2 Bänden ↩︎
  2. polemiken ↩︎
  3. mittelalter-versmetrum ↩︎
  4. die Erfindung des Metrums aus dem Geist der Erfindung der Pendeluhr und des Ziffernblattes ↩︎

Stimmführung

Reading Time: < 1 minuteEine Mini-Skizze als Ausgangspunkt für Weiteres…

Das Wort verweist auf reale Stimmen, also menschliche Gesangsstimmen, die “geführt” werden sollen. Tatsächlich erwarten sich Sänger Anweisungen dazu, was sie singen sollen. Insbesondere dann, wenn nicht oral tradierte Lieder einstimmig zu singen sind, sondern mehrere Stimmen zusammen singen sollen.

In wieweit es ein “Gesetz der Kunst” ist, dass überhaupt Regeln für die Herstellung von Kunst etabliert werden, ist eine wichtige Frage. Wurde diese Frage geklärt?

Der Ausdruck Stimmführung verweist aber vor allem auf die Wesenheit der Musik als einer Tätigkeit von Menschen für Menschen.

Eine weitere Beobachtung grundsätzlicher Bedeutung ist die immer wieder im Verlauf der Geschichte erfolgte Abstraktion oder Abstrahierung.

Was ist Musiktheorie – Gedanken

Reading Time: 2 minutes

2:10 Lesezeit

Musiktheorie ist ein Sammelbegriff. Vielleicht wäre die Auffassung eines Pluraletantum, eines Mehrzahlwortes, in diesem Fall besser, weil alle Theorie-spezifischen Texte zur Musik ein Beitrag sind zu einem sich stets und dynamisch verändernden Phänomen »Musik«.

Das heißt: der Betrachtungsgegenstand, auf den sich diese Theorie-n beziehen, verändert sich kontinuierlich. Also eine Art Fang-mich-wenn-du-kannst Spiel.

Die Aspekte einer Kontinuität darin verleiten dazu, von universellen Gesetzmäßigkeiten oder Urformen und dergleichen auszugehen. Derartige Postulate verbinden all zu leicht die Atmosphäre einer Geheimwissenschaft und eines Esoterischen mit dem Sektiererischen. Doch sowenig diese Postulate als pseudowissenschaftliche Gegebenheiten anzunehmen Ader gar als singuläre Wahrheiten, so wenig richtig wäre es, diese in Bausch und Bogen ganz abzulehnen, allein schon aus dem Grund, weil der Betrachtungsgegenstand – die »Musik« – selbst auch kein kohärentes oder gar naturwissenschaftliches Phänomen ist.

Um einen Gewinn aus der musiktheoretischen Arbeit zu ziehen, ist es notwendig, auf einen relativ kleinen Themenbereich »hinein zu zoomen«. Dieser Bereich ist in erster Linie historisch bestimmt, aber auch aus Vergleichen, sogar in der Weise wie Markus Arnold sagt: Vergleichen, was zu vergleichen noch niemandem ernstlich eingefallen ist1

Die Absicht, zu einer Erkenntnis zu gelangen durch eine theoretische Reflexion, deckt sich bekanntlich nicht immer mit der Absicht, zu einer bestimmten Erkenntnis zu gelangen. Die Aufgabe, mit einer Falsifizierung eine Hypothese zu überprüfen ist nochmal etwas anderes, als gar keine Hypothese zu haben. Die Sammlung von Materialien und Fakten ist freilich eine verdienstvolle Bemühung, wenn dann später daraus Thesen aus aufmerksamen Beobachtungen entstehen.

Die zu beginn gemachte Feststellung, dass die Musiktheorie ein Sammelbegriff für viele Theorien sei, bezieht sich aber nicht nur auf diese angesprochenen individuellen Beiträge zur Musiktheorie als Disziplin. Musik ist ein überaus komplexes Phänomen aus zum Teil heterogenen, zum Teil aber auch aus verschiedenen Kategorien zusammenwirkenden Bereichen, die im faszinierenden »Prozess« des Musizierens zusammenfließen. Eine der bedeutendsten Bereiche dieses Prozesses ist die Notation von Musik. Die »Schaltstelle« für nahezu alles, was wir zumindest im traditionellen Sinn mit Musik in Verbindung bringen. Ein bekanntes Bonmot variierend würde ich sagen: Jede Musik muss notiert werden, und ist sie nicht notierbar, dann muss sie notierbar gemacht werden. — Nicht so sehr, dass ich diese Auffassung für unbedingt ideal halte, aber sie entspricht dem, wie ich den Diskurs um Musik, vor allem im akademischen Bereich, sehe. Dieses Wunderwerk der musikalischen Notation hat nun aber auch seine Kehrseite, weil man sich darin leicht und zu recht uneinig sein wird, was nun die »wirkliche« Musik sei: jene, die in einer bestimmten, singulären Aufführung gespielt wird, oder aber jene, die in der Notation gemeint ist.


  1. 2000, Markus Arnold: ‘Vergleichen, was zu vergleichen noch niemandem ernstlich eingefallen ist’: Die Musik als Modell in L. Wittgensteins Philosophie der Erkenntnis, der Mathematik & der Sprache In: F.Stadler/M.Seiler (Hg): Kunst, Kunsttheorie & Kunstforschung im wissenschaftlichen Diskurs. Wien 2000: 161–184 ↩︎

Transformation durch Sprache

Reading Time: 2 minutesWorte der normalen Sprache umschreiben Phänomene. Wie Gleichnisse, die klangliche Vorgänge be-greifen durch Be-Griffe.

Dieser Vorgang des Sprechens-über ist scheinbar in einer parallelen Zeit verortet, weil während der Betrachtung und Analyse der Musik diese Musik weiter anwesend bleibt.

Ein Vergleich mit der Besprechung einer Malerei bleibt zwar letztlich wie alle diese Vergleiche inkongruent, aber hier ist es eindeutig, dass sich die gleichzeitige Besprechung eines Bildes mit dem Anwesendsein des Kunstwerks, über das gesprochen wird, nicht im Weg stehen. Bei der Musik ist das anders: Immer und überall stossen wir wieder auf ihr “in-der-Zeit-Sein”. Sowohl wie die Musik im Moment sich entwickelt, wie “eine Musik klingt” (weil das Erkennen einer “Musik” einer bestimmten Dauer des Klingend bedarf)

“Musik” ist eigentlich ein Pluraletantum, also ein Mehrzahlwort. Ich interpretiere die Mehrzahl mit Hinweis auf die Mehrzahl an Tönen, die notwendig ist, damit wir von einer Musik sprechen können. Allerdings wissen wir von Stücken, die nur aus einer einzigen Note, einem einzigen Ton komponiert sind, oder gar aus gar keinem. Was ist da los?

Dazu würde ich ein kleines Schema vorschlagen, das einen spiralförmigen Kreislauf abbildet:

Musikpraxis

Theoretische Reflexion
      *Abstraktion*

Musikpraxis

etc.

Der springende Punkt an diesem Schema ist die Abstraktion.

Die sich immer wiederholende Reflexion, also das Nachdenken über eine Musik und die Transformation dieser im Klang stattfindenden “Mitteilungen” in gesprochene Sprache und deren Vokabular birgt einen weiteren Prozess der Veränderung, den der Abstraktion.

Ein Beispiel dafür ist die Funktionstheorie. Die von Hugo Riemann vorgeschlagene Methode einer Notation von Akkordbeziehungen in tonaler Musik mittels Buchstaben und beigefügten Ziffern, reduziert die Komplexität von “Musik” auf einen bestimmten Aspekt. Die “Beziehungen” sind bereits als solche ein abstraktes Konstrukt: ein pyramidales Gebilde, an dessen Spitze eine “Tonika” steht etc.

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Es ist hier nicht der Ort, möglichen Ähnlichkeiten mit anderen pyramidalen Formen und Modellen nachzugehen, seien es auch solche, die auf die christliche Trinität verweisen. Abzulesen ist hier aber das typische Top-Down-Modell, das wir auch als “Herrschaftsmodell” kennen, anders gesagt ein “präsidiales Modell”. Es könnte möglichereweise in einer philologisch-historischen Forschung nachgewiesen werden, dass eine Gesellschaft, die so wie die europäische politisch als auch religiös von einem solchen pyramidalen Modell geprägt war, solche strukturierenden Modelle aus einer gesellschaftlichen Kulturpraxis auch in die Kunst-Regulierung überträgt.

Der Gedanke einer “Kunst-Regulierung” ist sehr nahe verwandt mit dem uns hier interessierenden Thema der Musiktheorie-Bildung. Ähnlich dem “Henne-Ei” Problem in Bezug auf die Frage, was denn nun zuerst gewesen sein mag, die Akkord-Trias oder eine religiöse oder andere Trias, produziert ein “Etwas” in der Kultur “Regeln”, die eben letztlich genau dieses Modell affirmativ in der Kultur ( qua der Kunst, also durch die Musik) etablieren.

Danach

Reading Time: < 1 minuteZur Situation von Theater in der Zukunft mit jemandem mich unterhalten. Es werden wohl weniger Leute in Ansammlungen gehen. Kino, Oper, Theater, Konzert. Wird es die Hälfte sein? Oder ein Drittel? Werden die Quoten in der Freien Szene noch magerer ausfallen, oder wird man die Quoten fallen lassen? Wie wird sich das auf ein “Exzellenz-Denken” auswirken: Werden weniger Künstler mit nur ein wenig mehr gefördert werden? Viele Fragen..

Aber später aber denke ich mir, dass doch nach der spanischen Grippe 1920  es den “Tanz auf dem Vulkan” gab, die “Wilden 20er Jahre”, und die Menschen waren gerade entgegen einer Ängstlichkeit in hygienischer Hinsicht vielleicht sogar von einer Art Weltuntergangs-Trotzigkeit angesteckt und feierten und warfen alle Beschränkungen und Hemmungen über Bord, wie etwa in den, leider zum Großteil verloren gegangenen Szenen aus “METROPOLIS” von Fritz Lang.

Vielleicht gibt es auch hier eine merkwürdige, überraschende Trotzigkeit, entgegen einer schleichenden “Distanzierung” in sozialen Ereignissen?

Theatre’s great common denominator or dominator?

Reading Time: < 1 minuteIf we don’t want to go back to previous madness after current crisis, we would have to consider arts as well: Where do we want to go?

Well, the hack, what is it all about with those Carmens, Traviatas and friends: isn’t that also a form of pollution, an artistic stock pile of the past we very well could stream through fantastic digital means?

Didn’t I say last November (conference OE Karlsruhe) : “What if, what if, the future of opera was in the internet?”

Hello? Did someone listen? I guess it turned our right. At the beginning there was silence, but then in the end the discussion had abruptly to be stopped as we went out of time. Some were guessing and fathoming the meaning of my question. So, yes, now, for the dramatic and tragic tsunami we live in, where at the end, we are told, lies “tremendous light”, infact the internet has become the great common denominator. Or is it to become a dominator of arts and liberties?

Will everything else be measured and streamlined to fit willfully into the flatness of a once called “cyberspace” which never has led us anywhere than just alienated us from what we expect from performing arts?

I am coming back to my first point: There is a pollution in our cultural atmosphere, and it isn’t likely to cease as does the microparticles and NO2 etc in the air from burning fossil fuels. It’s the heritage of arts for mass tourism and mimicking a today obsolete society of the past. I would say: Go and stream Traviatas, Carmens and friends, and hand over us theatres and means for new works and new friends!