Transformation durch Sprache

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Worte der normalen Sprache umschreiben Phänomene. Wie Gleichnisse, die klangliche Vorgänge be-greifen durch Be-Griffe.

Dieser Vorgang des Sprechens-über ist scheinbar in einer parallelen Zeit verortet, weil während der Betrachtung und Analyse der Musik diese Musik weiter anwesend bleibt.

Ein Vergleich mit der Besprechung einer Malerei bleibt zwar letztlich wie alle diese Vergleiche inkongruent, aber hier ist es eindeutig, dass sich die gleichzeitige Besprechung eines Bildes mit dem Anwesendsein des Kunstwerks, über das gesprochen wird, nicht im Weg stehen. Bei der Musik ist das anders: Immer und überall stossen wir wieder auf ihr “in-der-Zeit-Sein”. Sowohl wie die Musik im Moment sich entwickelt, wie “eine Musik klingt” (weil das Erkennen einer “Musik” einer bestimmten Dauer des Klingend bedarf)

“Musik” ist eigentlich ein Pluraletantum, also ein Mehrzahlwort. Ich interpretiere die Mehrzahl mit Hinweis auf die Mehrzahl an Tönen, die notwendig ist, damit wir von einer Musik sprechen können. Allerdings wissen wir von Stücken, die nur aus einer einzigen Note, einem einzigen Ton komponiert sind, oder gar aus gar keinem. Was ist da los?

Dazu würde ich ein kleines Schema vorschlagen, das einen spiralförmigen Kreislauf abbildet:

Musikpraxis

Theoretische Reflexion
      *Abstraktion*

Musikpraxis

etc.

Der springende Punkt an diesem Schema ist die Abstraktion.

Die sich immer wiederholende Reflexion, also das Nachdenken über eine Musik und die Transformation dieser im Klang stattfindenden “Mitteilungen” in gesprochene Sprache und deren Vokabular birgt einen weiteren Prozess der Veränderung, den der Abstraktion.

Ein Beispiel dafür ist die Funktionstheorie. Die von Hugo Riemann vorgeschlagene Methode einer Notation von Akkordbeziehungen in tonaler Musik mittels Buchstaben und beigefügten Ziffern, reduziert die Komplexität von “Musik” auf einen bestimmten Aspekt. Die “Beziehungen” sind bereits als solche ein abstraktes Konstrukt: ein pyramidales Gebilde, an dessen Spitze eine “Tonika” steht etc.

          T
        S   D
      Sp  Tp  Dp          

D7

Es ist hier nicht der Ort, möglichen Ähnlichkeiten mit anderen pyramidalen Formen und Modellen nachzugehen, seien es auch solche, die auf die christliche Trinität verweisen. Abzulesen ist hier aber das typische Top-Down-Modell, das wir auch als “Herrschaftsmodell” kennen, anders gesagt ein “präsidiales Modell”. Es könnte möglichereweise in einer philologisch-historischen Forschung nachgewiesen werden, dass eine Gesellschaft, die so wie die europäische politisch als auch religiös von einem solchen pyramidalen Modell geprägt war, solche strukturierenden Modelle aus einer gesellschaftlichen Kulturpraxis auch in die Kunst-Regulierung überträgt.

Der Gedanke einer “Kunst-Regulierung” ist sehr nahe verwandt mit dem uns hier interessierenden Thema der Musiktheorie-Bildung. Ähnlich dem “Henne-Ei” Problem in Bezug auf die Frage, was denn nun zuerst gewesen sein mag, die Akkord-Trias oder eine religiöse oder andere Trias, produziert ein “Etwas” in der Kultur “Regeln”, die eben letztlich genau dieses Modell affirmativ in der Kultur ( qua der Kunst, also durch die Musik) etablieren.

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